12/04/2020
In Spanien wird das allgemeine Zivilrecht nicht in allen autonomen Gemeinschaften angewandt, denn es gibt bestimmte autonome Gemeinschaften, die ihre eigene Gesetzgebung haben. Konkret handelt es sich um Aragonien, Katalonien, die Balearen, Galicien, Navarra, das Baskenland und teilweise Valencia und Fuero de Baylío (in Extremadura).
In unserem Fall werden wir uns auf die Besonderheiten der Erbschaft in Katalonien konzentrieren, wo das katalanische Zivilgesetzbuch anstelle des allgemeinen Zivilgesetzbuches angewendet wird.
Zunächst muss, wie in jedem Teil Spaniens, das auf die Erbschaft anwendbare Recht festgelegt werden. Für diejenigen, die nach dem 17. August 2015 verstorben sind, wird katalanisches Recht angewandt, vorausgesetzt, dass der letzte gewöhnliche Aufenthalt in Katalonien war oder dass der Verstorbene in seinem Testament katalanisches Recht gewählt hat.
Erbfolge in Katalonien:
Wird auf die Erbschaft katalanisches Recht angewandt, weil beispielsweise ein Deutsche in Katalonien wohnte oder in seinem Testament katalanisches Recht gewählt hat, ist die Reihenfolge der Erbschaft wie folgt:
- Kinder und Enkelkinder erben zuerst, aber wenn sie mit einem Ehegatten oder Partner zusammentreffen, erhält letzterer den Nießbrauch des Erbes. (1. Grad)
- Gibt es keine Kinder oder Enkelkinder, wird das Erbe an den Ehegatten oder Partner übergehen, wobei die Eltern ihr Recht auf den Pflichtteil behalten.
- Gibt es keine Kinder, Enkelkinder oder Ehepartner, erben die Eltern des Erblassers. (1. Grad)
- Gibt es keine der oben genannten Personen, dann werden kollaterale Verwandte, d.h. Geschwister und Kinder von Geschwistern, erben. (2. Und 3. Grad)
- Gibt es keine Geschwister oder Kinder von Geschwistern, erben die anderen kollateralen Verwandten bis zu den Cousins (4. Grad)
Wie werden Grade berechnet?
- Vom Vater zum Sohn gibt es einen Grad und umgekehrt.
- Vom Vater zum Enkel gibt es 2 Grade und umgekehrt.
- Von Bruder zu Bruder gibt es 2 Grade.
- Von Onkel zum Neffen gibt es 3 Grade.
- Zwischen Cousins gibt es 4 Grade.
Kann ein Vater sein Kind nach katalanischem Recht vollständig enterben?
Ohne triftigen Grund kann ein Pflichtteilserbe nicht von einer Erbschaft ausgeschlossen werden. Mit anderen Worten: Das Gesetz bietet einigen Personen einen gewissen Schutz, um ungerechtfertigte Enterbungen zu vermeiden. Wir bezeichnen diese Personen u. a. als Noterbe oder pflichtteilsberechtigte, und im Falle von Erbschaften in Katalonien haben wir es im Vergleich zum spanischen Zivilgesetzbuch mit einer besonderen Regelung zu tun.
In Katalonien sind die Noterben mit einem legitimen Recht auf einen Pflichtteil in erster Linie die Kinder, in Ermangelung von Kindern die Eltern.
Wäre das spanische Zivilgesetzbuch angewandt worden, hätte der Witwer auch ein Recht auf ein Pflichtteil bestehend aus dem Nießbrauch von einem Drittel des Erbes gehabt, wenn Kinder vorhanden sind; und auf die Hälfte im Falle Eltern sind vorhanden, aber keine Kinder. Folglich ist das Recht des Witwers in Katalonien -im Vergleich zum spanischen Gesetz- stärker eingeschränkt.
Wann ist es erlaubt, einen Pflichtteilsberechtigten zu enterben?
Das katalanische Zivilgesetzbuch nennt in seinem Artikel 451-17 fünf gerechte Ursachen für Enterbung, und zwar:
- Ist der Noterbe durch ein rechtskräftiges Urteil verurteilt worden, weil er:
- den Erblasser getötet hat,
- vorsätzlich Verbrechen schwerer Körperverletzung gegen Freiheit, Folter, moralische Integrität oder sexuelle Freiheit begangen hat,
- den Erblasser verleumdet hat,
- Falschaussagen gegen Familienrechte und -pflichten, in der Erbfolge, gemacht hat,
- oder wenn die Eltern suspendiert oder ihnen die elterliche Verantwortung über das verstorbene Kind entzogen wurde,
- böswillige Veranlassung des Erblassers, ein Testament, einen Erbvertrag oder eine andere Bestimmung aufgrund des Todes des Erblassers zu erteilen oder ihn daran hindern, sowie der der in Kenntnis dieser Tatsachen einen Vorteil daraus gezogen hat,
- das Testament oder eine andere Verfügung aufgrund des Todes des Erblassers vernichtet, verborgen oder verändert hat.
- Wenn der Noterbe dem Erblasser den Unterhalt verweigert hat, bestand eine gesetzliche Verpflichtung diesen zu leisten.
- Wenn der Noterbe den Erblasser schwer missbraucht hat.
- Wenn die elterliche Verantwortung über den Erblasser ausgesetzt oder entzogen wurde.
- Wenn ein offenkundiges und andauerndes Fehlen einer familiären Beziehung zwischen dem Erblasser und dem Noterben besteht, wenn dieses auf eine ausschließlich dem Noterben zuzuschreibende Ursache zurückzuführen ist.
Wie beansprucht und akzeptiert man die Noterbschaft und in welchem Zeitrahmen?
Erstens, was die Noterbschaft betrifft, so ist eine Annahme nicht erforderlich, denn es wird davon ausgegangen, dass sie angenommen wird, solange es keinen Verzicht gibt. Der Anspruch des Pflichtteils wird an die Erben gestellt, und es sind auch sie, die Erben, die für die Auszahlung des Pflichtteils an die Noterben verantwortlich sind. Wenn sie ihrer rechtlichen Verantwortung nicht nachkommen, kann der Pflichteil gerichtlich eingeklagt werden.
Die Frist für die Inanspruchnahme der Noterbschaft beträgt nach spanischem Recht 30 Jahre, nach katalanischem Recht jedoch nur 10 Jahre. Die Frist kann jedoch mit einem Antrag an den Erben unterbrochen werden und beginnt im Falle Kataloniens wieder mit der Zählung dieser 10-jährigen Frist.
Falls Sie an weiteren Informationen über das Pflichteilsrecht nach dem allgemeinen Gesetz in Spanien interessiert sind, lesen Sie bitte diesen Artikel.
Rechtsanwalt Alejandro Espada Gerlach
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